„An den Korallen und Ammoniten von der Ostalb hing viel Herzblut“

Schon über ein halbes Jahrhundert beschäftigt sich Martin Kapitzke mit Fossilien. Besucht man den Remshaldener zu Hause, dann hängen an der Wand zwei Vitrinen mit Trigonien und einigen Jura-Ammoniten in überschaubarer Aufmachung. Eine große Sammlung – Fehlanzeige. Warum ist das so?

Dafür muss man etwas ausholen und zurückgehen in die Zeit, als Martin Kapitzke seine ersten Erfahrungen mit dem Sammeln von Fossilien machte: „Mein Vater arbeitete in der Wasserwirtschaft Schorndorf und nahm mich auf viele Baustellen mit.“

Als Bub wanderte er mit dem Rucksack bis zu 10 Kilometer weit zu Fundorten des Schwarzjura im Rems-Murr-Kreis. Dort begegneten ihm im Hettangium und im Sinemurium zum ersten Mal große Arieten und Schlotheimien.

In der Werkstatt des Vaters machte sich Kapitzke dann mit Meißel und Hämmerchen ans präparieren – die ersten Gehversuche in einem Arbeitsgebiet, das später sein Beruf werden sollte.

Als Anfang der 70er Jahre das Naturkundemuseum Stuttgart Bestimmungskurse im Schloss Rosenstein veranstaltete, war Martin Kapitzke vor Ort – und fing sogleich Feuer: „Direkt nach der Schule bewarb ich mich als Präparator. Das war damals aber kein anerkannter Lehrberuf.“

So richtig vorbereitet war offenbar auch das Museum nicht. „Ich war dort der erste Präparatorlehrling und wurde gleich voll eingesetzt“, erinnert sich Martin Kapitzke. Er war dabei, als das Steinheimer Mammut im Museum aufgebaut wurde und ebenso bei einer Tertiärfundstelle beim Autobahnbau nahe Langenau. Bei dieser Großgrabung wurde unter anderem die Überreste eines Hauerelephanten geborgen. Auch half Kapitzke bei der Restaurierung von Fossilien, die bei der Bombardierung Stuttgarts im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden waren.

Danach folgte ein Ereignis, das bei ihm bis heute nachwirkt. Als es um die Festanstellung als Präparator im Naturkundemuseum ging, war eine Vorbedingung die Abgabe aller Fossilien aus seiner Privatsammlung: „Man wollte damit Interessenskonflikte vermeiden. Ich habe in den sauren Apfel gebissen und meine Korallen und Ammoniten von der Ostalb abgegeben. Da hing viel Herzblut dran.“

Weil das private Sammeln fortan untersagt war, wechselte er in die Archäologie und suchte nach Artefakten aus der Steinzeit und von den Kelten. Als weiteres Hobby begann er mit der Aufzucht von Kakteen, die bald auf Flohmärkten gefragt waren. Irgendwann kamen Anfang der 90er Jahre selbst gesammelte Fossilien dazu, an denen das Museum kein Interesse hatte – der Händler Martin Kapitzke war geboren.

Und was war die beste Arbeit in 50 Jahren als Präparator? Kapitzke denkt lange nach: „Schwer zu sagen. Vielleicht der kleine Flugsaurier Bellubrunnus aus dem bayrischen Brunn. Oder die 12cm große Libelle Urogomphus aus den Nusplinger Plattenkalken oder ein Archaeopteryx aus Solnhofen.“ Eine große Sammlung, sagt der Remshaldener etwas wehmütig, habe er seit der Abgabe seiner Fossilien ans Museum allerdings nie wieder aufgebaut.        www.kapitzke-fossilien.de

Text: Stephan Hack, Fotos: Martin Kapitzke (2), Naturkundemus. Berlin (1), Wikipedia (1)