Nachgefragt …. bei Dr. Günter Schweigert

Über die Wechselbeziehung zwischen Fossilien-Sammlern und Wissenschaftlern spricht Dr. Günter Schweigert, Kurator am Naturkundemuseum in Stuttgart.

Wie bewerten Sie die Bedeutung der Hobby-Paläontologie für die Wissenschaft?

Schon wenn man sich die Herkunft der Museumsbestände ansieht, wird klar, dass Hobby-Paläontologen unverzichtbar sind. Wissenschaftler können nicht überall sein, wo kurzfristig neue Aufschlüsse entstehen und viele Wissenschaftler sind so eng spezialisiert, dass die von ihnen selbst geleistete Dokumentation zu einseitig ist.

Welche Entwicklung hat die Hobby-Paläontologie in den letzten Jahrzehnten genommen? Stichworte: immer mehr Sammelverbote, immer weniger Nachwuchs.

An sensiblen Plätzen haben Sammelverbote schon ihren Sinn. Aber heutzutage stößt man einfach immer seltener auf Fossilien und dadurch wird dann auch kein Interesse dafür geweckt. Zumal das Thema Erdgeschichte in der heutigen Schulausbildung nur noch marginal gestreift wird. Dass es schlecht um Nachwuchs bestellt ist, hat aber sicher auch andere Gründe. Die Entfremdung von der Natur, ein Übermaß an Sicherheitsbedürfnis und die Informationsflut mit einer Überreizung als Folge.

Wenn wir von Sammlern reden, reden wir oft von Leuten Ü70 oder Ü80. Was muss getan werden, um das Sammeln von Fossilien wieder attraktiver zu machen? Mehr mediale Präsenz, öffentliche Klopfplätze etc.?

An beidem fehlt es meiner Ansicht nach nicht. Der Funke muss früh im Kindesalter zünden. Wenn eine Schulklasse einen Klopfplatz besucht, kann das passieren. Aber welcher Lehrer/Lehrerin geht das Risiko ein, so etwas zu organisieren? Womöglich verletzt sich ein Kind…

Was sind die Grenzen der Hobby-Paläontologie?

Hobby-Paläontologen muss bewusst sein, dass Fossilien nicht unbegrenzt vorhanden sind. Wenn sie auf etwas stoßen, das bedeutend zu werden verspricht, müssen Experten zur Bergung und Präparation ran. Zu groß wäre die Gefahr der Zerstörung. Ansonsten gelten dieselben Regeln wie für alle, zumindest hier in Baden-Württemberg..

Welche bedeutenden Amateur-Paläontologen fallen Ihnen spontan ein. Wer hatte den größten Einfluss auf den Fachbereich?  

Bei bedeutenden Amateur-Paläontologen braucht man sich bloß die Liste der Empfänger der Zittel-Medaille der Paläontologischen Gesellschaft oder des Alberti-Preises der Alberti-Stiftung anzusehen. Wenn ich einen aber ganz besonders hervorheben möchte, ist dies (Dr. h.c.) Hans Hagdorn.

Er hat sich zu einem der bedeutendsten Kenner der Trias und einem weltweit führenden Crinoiden-Spezialisten entwickelt und dazuhin sogar noch ein ganzes Museum auf die Beine gestellt. In meinem eigenen Fachgebiet wurde ich ebenfalls von einem Amateur maßgeblich beeinflusst, weit stärker als von jedem akademischem Lehrer: John H. Callomon (Foto). Er hatte eine Professur in Chemie, aber Ammoniten waren sein Hobby und seine Leidenschaft.

Das Interview mit Dr. Günter Schweigert führte Stephan Hack

Fotos: Stuttgarter Zeitung (1), Science Direct (1), G. Schweigert (1), S. Hack (1)