Zufallsfund im Bajocium: der Wirbel eines riesigen Pliosauriers

Die Discites-Zone im Unter-Bajocium: Wer hier sammelt, findet Sonninien, Fissilobiceraten, Hyperlioceraten oder Graphoceraten. Noch nie in all den Jahren fand ich in diesen Schichten einen Saurierwirbel.

Die Gegend um Spaichingen Ende Januar. Auf einem etwa 50x50cm großen Gesteinsblock liegt aufgebacken etwas tellerförmiges. Schnell wird klar: Das ist kein Ammonit. Der Geologenhammer befreit das aufgesetzte Stück vom umgebenden Muttergestein, ich hebe den Fund vorsichtig an: Es ist ein Saurierwirbel mit 17 cm Durchmesser und 7cm Höhe.

Bemerkenswert ist aber nicht nur die Seltenheit des Fossils. Laut Dr. Günter Schweigert vom Naturkundemuseum Stuttgart könnte es sich um den Wirbel eines Pliosauriers handeln.

Von dieser Meeresreptilien-Gruppe lebten verschiedene Gattungen von der späten Trias bis zum Ende der Kreidezeit – also vor etwa 230 bis 65 Millionen Jahren. So gab es Pliosaurier wie den Umoonasaurus mit einer Gesamtlänge von drei Metern und an der Universität Tübingen ist ein Liopleurodon ausgestellt, der stattliche 12 Meter maß. Es geht sogar noch größer: Das mexikanische „Monster von Aramberri“, vermutlich ein Pliosaurier der Gattung Simolestes, war 20 Meter lang.

Im Jura galten die Pliosaurier als Top-Prädatoren der offenen Ozeane – vergleichbar mit den heutigen Haien oder Killerwalen. Es wird vermutet, dass sie wendige und schnelle Schwimmer waren, die ihre Flossen wie Flügel benutzten. Mit ihren bis zu drei Meter großen Schädeln jagten die Pliosaurier große Beutetiere: Knochen- und Knorpelfische, kleinere Meeresechsen, Ammoniten und möglicherweise auch den Ichthyosaurier. Studien deuten darauf hin, dass die Kiefer stark genug waren für kräftige Drehbewegungen, wodurch Fleisch aus der Beute gerissen werden konnte – ein Verhalten wie bei den Krokodilen.

Und obwohl ich die umliegende Gegend nach dem Fund großräumig abgesucht habe, ließen sich keine weiteren Wirbel, Rippen oder gar der Schädel des vermeintlichen Pliosauriers ausfindig machen. Somit sind das Wahrscheinlichste, was mir an dieser Stelle der Discites-Zone künftig in die Hände fallen wird, wohl wieder Sonninien, Hyperlioceraten etc. – das Standardprogramm eben.

Text: Stephan Hack

Fotos: Hack (2), Paläontologisches Museum der Universität Tübingen (1), BBC (2)