Ein Sammlertraum in XXL

Das passiert selten, vielleicht nur ein Mal in einem Sammlerleben: dass großflächige Erdschollen mit samt den Bäumen darauf abrutschen und über Nacht ein riesiger Aufschluss entsteht.

So geschehen im Frühjahr im Gebiet der Südwestalb. Plötzlich liegen auf einer Länge von 40 Metern Schichten und Bänke frei, die bisher unter dickem Humus verborgen waren. Und zwar vom Malm alpha bis zum Mittleren Bathonium, Höhe Morrisi-Zone. Ein Sammlertraum wird wahr!

Auf einmal ist so viel Material vorhanden, dass auch den ambitioniertesten Sammler ein Gefühl der Überforderung überkommt. Wo anfangen?

Einen spannenden Abschnitt bildet die Lamberti-Zone. Im oberen Zonenbereich liegen verstreut die Lambertiknollen in einer Tonlage. Während Dietl und Schweigert in ihrer neuen Studie von Quenstedtoceraten, Peltoceraten, Euaspidoceraten, Kosmoceraten und noch anderen Ammoniten berichten, scheinen hiesige Knollen weitgehend leer: ich finde nur wenige Fragmente. Allerdings folgt direkt unterhalb der Knollenlage eine Bank, in der zahlreiche Hecticoceraten eingebettet sind (siehe oben)

Ich steige den Aufschluss hinunter und fokussiere mich fortan auf den Grenzbereich Callovium-Bathonium, genauer auf die Herveyi- und die Discus-Zone. Die untere Herveyi-Zone, bekannt als „Rotes Erzlager“, beherbergt eine Vielzahl von Ammoniten: verschiedene Arten von Macrocephalites, Choffatien, Bullatimorphites, Cadoceraten und auch Lissoceraten.

Nur wenige Zentimeter weiter unterhalb dann ein komplett anderes Bild. Das Bathonium setzt ein mit der Discus-Zone und grau-beigen Gesteinsbänken – die ziemlich leer sind. Der extrem seltene Clydoniceras discus als Zonen-Leitfossil soll dort vorkommen. Ich stoße stattdessen auf bis zu 30cm große Homoeoplanulites in Schalenerhaltung und einen für diesen Bereich außergewöhnlichen Procerites. Es handelt sich um den höchst gelegenen und damit jüngsten Procerites, den ich je fand (siehe linkes Grabungsfoto)!

Was fehlt noch? Natürlich das Mittlere Callovium. Darüber habe ich aber bereits in früheren Blogs geschrieben. Tatsächlich fiel mir (mutmaßlich in der Calloviense-Zone) am ersten Grabungstag ein 30cm großer Macrocephalites megalocephalus in die Hände – in diesem Bereich nicht ungewöhnlich. Was allerdings Anreiz genug ist, um diese Schichten in den nächsten Monaten genauer zu inspizieren …

Text und Fotos: Stephan Hack

Literatur: Dietl, Gerd, and Schweigert, Günter: The ammonite biohorizons of the Lambertiknollen Bed of SW Germany as a faunistic response to climate change in the latest Callovian (Middle Jurassic), Stuttgart 2024

Niederhöfer, Hans-Jörg und Dietl, Gerd: Zur Stratigraphie und Ammonitenfauna des Ornatenooliths (Ornatenton-Formation, Callovium) in der südwestlichen Schwäbischen Alb, Stuttgart 2014

Dietl, Gert: Der punctulatum-Horizont. Ein neuer Ammonitenfaunen-Horizont aus dem schwäbischen Ornaten-Ton (Ober-Callovium, Mittlerer Jura), Erlangen 1993

Callomon, John H.; Dietl, Gert und Niederhöfer, Hans-Jörg: Die Ammonitenfaunen-Horizonte im Grenzbereich Bathonium/Callovium des Schwäbischen Juras und deren Korrelation mit W-Frankreich und England. In: Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde Serie B (Geologie und Paläontologie), Stuttgart 1989